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Diagnose Rückenmarksinfarkt

Stellen Sie sich vor, Sie gehen mit Ihrem Hund die normale Spaziergehrunde, zwischendurch werfen Sie Ihrem Hund seinen geliebten Ball und während Ihr Hund seinem Ball hinterherspringt jault er kurz auf und bleibt gehunfähig am Boden liegen. So oder so ähnlich erleben viele Hundebesitzer einen Rückenmarksinfarkt bei ihrem Tier. 

 

Mit diesem Artikel möchte ich die Therapie eines Rückenmarksinfarktes aus physiotherapeutischer Sicht beschreiben. 

 

Was genau ist ein Rückenmarksinfarkt? 

 

Der Rückenmarksinfarkt oder auch fibrocartilaginöse Embolie ist eine Schädigung des Rückenmarks aufgrund einer Störung des Blutflusses und der damit verbundenen Unterversorgung des Nervengewebes mit Sauerstoff. 

 

Was sind die Ursachen für die Störung des Blutflusses? 

 

Bandscheibenmaterial dringt in das Gefäßsystem des Rückenmarks ein und löst eine Durchblutungsstörung im betroffenen Rückenmarksabschnitt aus. Die Erkrankung ist durch eine anfängliche Schmerzphase von ca. 1 – 2 Stunden und einer Querschnittssymptomatik gekennzeichnet, deren Ausmaß von der Lokalisation und Ausdehnung der Sauerstoffunterversorgung abhängig ist. Die genaue Ursache ist bislang unbekannt. 

 

Wie kann ein Rückenmarksinfarkt diagnostiziert werden? 

 

Die Diagnose wird aufgrund der Anamnese, der klinischen Symptome und durch eine neurologische Untersuchung gestellt. Die Erkrankung lässt sich leider durch MRT (Magnetresonanztomographie) oder CT (Computertomographie) nicht sicher diagnostizieren. Allerdings sind die Untersuchungen zum Ausschluss von anderen Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen sehr wichtig. 

 

Wie kann die Physiotherapie helfen? 

 

Damit die Behandlungsziele definiert und ein effektiver Behandlungsplan erstellt werden können, muss eine sorgfältige Untersuchung des Patienten durchgeführt werden. Bei der physiotherapeutischen Untersuchung werden u. a. Haltung und Gangbild (falls möglich) beurteilt. Es erfolgt eine passive Bewegungsprüfung aller Extremitäten und daran schließt sich ein Tastbefund und eine gezielte neurologische Untersuchung an. Aus den daraus gewonnen Erkenntnissen werden die Therapieziele formuliert.   

 

Therapieziele beim Rückenmarksinfarkt 

 

  • Reduktion ödematöser Schwellung (besonders wichtig im Akutstadium)
  • Reduktion sekundärer Probleme und Schmerzen z.B. muskuläre Verspannungen bedingt durch falsche Bewegungsmuster
  • Erhaltung bzw. Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit
  • Wahrnehmungsschulung zur Verbesserung der Sensibilität
  • Verbesserung der Rumpfstabilität und Normalisierung des Haltungstonus
  • Wiedererlernen von Gleichgewichtsreaktionen
  • Schulung des funktionellen Gehens
  • Vorbeugung vor Muskelabbau

 

Im Hinblick auf die Therapieziele gibt es eine Vielzahl an physiotherapeutischen Maßnahmen und Möglichkeiten. Von denen ich hier einige erläutern möchte: 

 

Zur Schwellungsreduktion eignet sich hervorragend die manuelle Lymphdrainage. Diese Technik fördert den Abtransport des Ödems. Somit erreichen wir eine Druckentlastung der nervalen Strukturen und eine Verbesserung des Stoffwechsels im betroffenen Segment. Um sekundäre Verspannungen und Schmerzen in anderen Körperbereichen zu lindern, können weiche Massagegriffe zur Anwendung kommen. Bewährt hat sich zur Schmerzlinderung auch die TENS-Behandlung (TENS = Transkutane elektrische Nervenstimulation). Hierbei handelt es sich um eine der am häufigsten angewendeten Therapieformen der Reizstromtherapie. 

 

Passive Bewegungsübungen und sanftes Stretching dienen der Erhaltung und Verbesserung der Gelenkbeweglichkeit. Zur Verbesserung der Sensibilität und Wahrnehmung muss ein gewisser Input an das taktil-kinästhetische System erfolgen, z. B. mit Bürsten- bzw. Igelballmassage, Pfotenballenmassage o. ä. Weiterhin kommen Übungen zum Einsatz, die die Propriozepsis schulen. Propriozeptoren sind Rezeptoren, die für die Tiefensensibilität verantwortlich sind und dem Gehirn permanent die Stellung der Gelenke im Raum melden. 

 

Ein stabiler Rumpf ist Grundvoraussetzung für eine zielgerichtete Motorik der Extremitäten. Die Rumpfstabilität kann mit isometrischen Übungen in allen Ausgangslagen und mit dem Schaukelbrett trainiert werden. Die Behandlung im Unterwasserlaufband unterstützt die Schulung des funktionellen Gehens und verhindert einen weiteren Muskelabbau bzw. fördert den Muskelaufbau. 

 

Zur Gangschulung setzten wir auch gerne den Bicoexpander ein. Durch den Expanderzug erhalten die Hintergliedmaßen eine gewisse Führung und das korrekte Setzen der Hinterbeine wird dem Patienten deutlich erleichtert.  

 

Weiterhin unterstützen wir unsere Patienten mit einer gezielten Akupunktur. Die Akupunktur wird, wenn möglich, mit Nadeln durchgeführt. Falls die Patienten dies nicht zulassen, können die Akupunkturpunkte auch mit einem Softlaser stimuliert werden. Von entscheidender Bedeutung für den Rehabilitationserfolg der Patienten ist, dass die physiotherapeutische Behandlung so schnell als möglich einsetzt. Auch ist eine aktive Mitarbeit der Patientenbesitzer außerordentlich wichtig. Deshalb erhalten die Besitzer, nach entsprechender Einführung und Anleitung, ein umfangreiches Hausaufgabenprogramm. 

 

Doch bei allem Training und Therapie ist auch viel Geduld gefragt. Wir können den Organismus mit unseren Bemühungen bei der Aktivierung der körpereigenen Selbstheilungskräfte unterstützen, aber die Regeneration braucht Zeit, und manchmal ist die vollständige Wiederherstellung auch nicht mehr zu erreichen. Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die physiotherapeutische Behandlung keinen Tierarzt oder Tierheilpraktiker ersetzt, vielmehr sollte eine gute Zusammenarbeit zum Wohle des Patienten gemeinsames Ziel sein.